Kurze Vorbemerkung

Der Roman ,,Der Vorleser” ist der erste Roman Bernhard Schlinks, der nicht eindeutig als Kriminalroman geschrieben ist. Seine Erstveröffentlichung war ursprünglich in den USA geplant, allerdings wurde er letztendlich doch in Deutschland erstveröffentlicht. Jedoch eroberte der Roman 1999, vier Jahre nach seinem erscheinen, als erster deutscher Roman die amerikanische Bestsellerliste.

Inhaltsangabe 1. Teil

Im Herbst 1958 erkrankt Michael Berg, der Protagonist des Romans ,,Der Vorleser”, an Gelbsucht. Er fühlt sich schon seit Tagen schwach und müde und muss sich eines Tages auf dem Nachhauseweg von der Schule übergeben. Er ist zu dieser Zeit 15 Jahre alt. Hanna Schmitz, eine 36 Jahre alte Straßenbahnschaffnerin, hilft Michael und bringt ihn nach Hause. Dies ist die erste Begegnung Michaels mit der Frau, die sein Leben für immer verändern sollte.

Als Michael im Februar 1959 wieder gesund ist, bringt er auf die Anordnung seiner Mutter Blumen zu Hanna, da sie ihm geholfen hat. Als er bei ihr in der Wohnung im Flur steht, kann er durch einen Türspalt sehen, wie sie sich Strümpfe anzieht, und er ist von ihren Bewegungen und ihrem kräftigen, weiblichen Körper so beeindruckt, dass er seinen Blick nicht von ihr wenden kann. Als Hanna merkt, dass Michael sie beobachtet, rennt er ,,mit brennendem Gesicht” weg.

Erst nach einer Woche voller Wünsche, Sehnsucht, Fantasien und Gedanken an Hanna und ihren Körper entschließt er sich, erneut zu ihr zu gehen. Da sie gerade nicht zu Hause ist, wartet er im Treppenhaus auf sie. Als sie nach Hause kommt, bittet sie ihn, für sie Kohlen in den Keller zu bringen, was er sofort tut. Bei dieser Arbeit macht er sich so dreckig, dass Hanna ihn auffordert, sich bei ihr zu baden. Auch dies tut er ohne Widerwillen. Als er aus der Badewanne aussteigt, beginnt Hanna ihn zu verführen, indem sie ihm das Handtuch umlegt und ihn umarmt. Michael ist von Hanna so überwältigt, dass er sich ihr voll und ganz hingibt. Dies ist der Beginn ihrer Beziehung.

In den folgenden Wochen schwänzt Michael häufig Schulstunden, um Hanna zu sehen. Ihre Treffen laufen immer nach den selben Ritualen ab: Erst baden oder duschen, anschließender Geschlechtsverkehr und ,,noch ein bisschen beieinander liegen”. Nach einiger Zeit kommt vor dem Baden auf Wunsch von Hanna noch das Vorlesen von Michael für Hanna. Zwischen den beiden entwickelt sich eine recht merkwürdige Beziehung, welche ich später genauer darstellen werde.

Als Hanna erfährt, dass Michael für sie die Schule schwänzt, wird sie wütend. Michael erwidert ihr, dass er die Versetzung in die 11. Klasse sowieso nicht mehr schaffe, da er aufgrund seiner Krankheit so viel versäumt habe. Dies beruhigt Hanna jedoch keinesfalls und sie droht ihm, dass er sie nicht mehr besuchen dürfe, wenn er nicht seine Arbeit macht. Daraufhin arbeitet Michael so viel, dass er doch noch versetzt wird. In den Osterferien kommt es zu einem weiteren Streit zwischen den beiden. Michael steigt eines Morgens, als die Straßenbahnen noch ganz leer sind, in die Straßenbahn, in der Hanna Dienst hat. Er steigt jedoch, in der Hoffnung auf etwas Sinnlichkeit, nicht in den vorderen Wagen, in dem sich Hanna befindet. Hanna sieht Michael zwar, ignoriert ihn aber. Später wirft sie ihm vor, er habe sie nicht kennen wollen, da er nicht zu ihr in den Wagen gestiegen ist. Michael fühlt sich zwar ungerecht behandelt, dennoch ist er letztendlich bereit, alle Schuld auf sich zu nehmen, nicht weil er wirklich meint, er wäre schuld an dem Streit, sondern da er Angst hat, Hanna zu verlieren und er sich ihre Zuneigung bewahren will. Auch bei einer mehrtägigen Fahrradtour der beiden, von der Michael seinen Eltern erzählt, er würde mit einem Freund wegfahren, kommt es zu einer Auseinandersetzung. Eines Morgens, als Hanna noch schläft, macht Michael sich auf den Weg, um Brötchen zu holen und hinterlässt Hanna einen Zettel. Als er zurückkommt, findet er Hanna aufgebracht und ,,zitternd vor Wut, weiß im Gesicht” auf und sie schlägt ihm mit einer Gürtelschnalle ins Gesicht. Anschließend beginnt sie bitterlich zu weinen. Michael weiß nicht, wie er sich in dieser Situation verhalten soll, denn er hat keine Erklärung für Hannas Verhalten. Was er nämlich nicht weiß, ist, dass Hanna Analphabetin ist und sie deshalb den Zettel nicht lesen konnte. Hanna sagt einfach, um ihren Analphabetismus verdeckt zu halten, dass sie den Zettel nicht gefunden habe, was Michael nicht verstehen kann und der Zettel ist auch nicht wieder aufzufinden. Dennoch ist Michael wieder bereit, alle Schuld auf sich zu nehmen. In der letzten Woche der Osterferien sind Michaels Eltern nicht zu Hause, nur seine kleine Schwester verhindert zunächst, dass er Hanna einmal mit zu sich nach Hause nimmt. Um seine Schwester loszuwerden und zu einer Freundin zu schicken, stiehlt er für sie einige Kleidungsstücke. Als er merkt, wie einfach das Stehlen ist, stiehlt er gleich noch ein Nachthemd für Hanna.

Im neuen Schuljahr erkennt man, dass Michael von der Beziehung zu Hanna, im Bezug auf sein Ansehen gegenüber Mitschülern und Erwachsenen, deutlich profitiert. Hanna vermittelt Michael eine gewisse Reife und Erfahrung, die ihn nach außen hin souveräner und interessanter wirken lässt.

Trotz dieser positiven Entwicklung, die Michael durch Hanna erfährt, kann man langsam aber sicher doch erkennen, dass die Beziehung keine Zukunft hat. Man erkennt, dass sich beide nur eine ,,Nische” und keinen richtigen Platz in ihrem Leben geben. Michael möchte öfter auch mal etwas mit Freunden unternehmen, da er mit ihnen die ,,Leichtigkeit” des ,,Redens, Scherzens, Spielens und Flirtens” genießt und außerdem gegenüber niemandem, weder gegenüber seinen Freunden noch gegenüber seinen Eltern, zu Hanna steht. Lediglich einmal unternehmen die beiden etwas in der Öffentlichkeit, als sie, allerdings in einer Stadt, in der Michael niemanden kennt, ins Theater gehen. Außerdem hat man das Gefühl, dass Hanna Michael nicht ganz ernst nimmt, da sie keine seiner Fragen über ihre Vergangenheit und ihre Gefühle beantwortet, sondern ständig ausweicht. Dass sie dies nur tut, um ihren Analphabetismus und ihre grausame Vergangenheit als KZ-Aufseherin zu verbergen, ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar und so bekommt man als Leser das Gefühl, dass sie kein volles Vertrauen zu Michael hat. Manchmal erkennt Michael sogar, dass ein großer Druck auf Hanna lastet, und er möchte ihr helfen, doch sie lehnt jegliche Anteilnahme rigoros ab. Ende des Sommers 1959 sehen die beiden sich vorerst zum letzten Mal. Michael ist gerade mit seinen Freunden im Schwimmbad, als er plötzlich Hanna sieht. Die beiden haben einen kurzen Moment Blickkontakt. Michael geht nicht sofort zu ihr und als er zu ihr gehen will, ist sie verschwunden.

In den nächsten Tagen erfährt er, dass Hanna ohne Angabe einer genauen Adresse nach Hamburg gezogen ist. Für Michael bricht eine Welt zusammen und er fragt sich, ob Hannas Flucht die Strafe für ,,die Halbherzigkeit der letzten Monate” ihr gegenüber ist. Außerdem plagt ihn neben der Sehnsucht nach Hannas Körper auch das Gefühl der Schuld, das er ihr gegenüber hegt, da er im Schwimmbad nicht sofort auf sie zugelaufen ist. So bleibt Michael tief traurig zurück.

2.Teil

Im ersten Kapitel des zweiten Teils werden stark zeitgerafft die nächsten sieben Jahre seines Lebens erzählt. Er beendet die Schule mit dem Abitur mühelos und auch sein anschließendes Jurastudium fällt ihm nicht sonderlich schwer. Trotzdem kann er Hanna nicht vergessen. Sein Körper sehnt sich nach ihr und Michael fasst für sich den Entschluss, sich nie mehr so wie durch Hanna in seinem Inneren demütigen zu lassen, was entscheidend für viele Lebenssituationen in der folgenden Zeit sein wird. Jedoch hat Michael diese Zeit (über die er aber nicht viel sagen kann) als eine glückliche Zeit in Erinnerung, obwohl er sich im Nachhinein für einige seiner Verhaltensweisen schämt. Michael erinnert sich, wie er sich ein arrogantes Verhalten angewöhnte und er einen Lehrer, der ihn darauf ansprach, kalt abfertigte. Auch erinnert er sich an eine ehemalige Klassenkameradin, die kurz nach Hannas Verschwinden an Tuberkulose erkrankte. Als dieses Mädchen namens Sophie aus dem Krankenhaus entlassen wird und den Kontakt zu alten Freunden suchte, hatte Michael es nicht schwer ,,sich in ihr Herz zu drängen”. Erst nachdem die beiden miteinander geschlafen haben erkennt Sophie, dass es Michael nicht wirklich um sie gegangen war. Auch seinem Großvater gegenüber war er kalt, als dieser ihn kurz vor dessen Tod segnen wollte und Michael sagte, dass er keinen Wert auf seinen Segen lege. Im Nachhinein kann sich Michael nicht vorstellen, dass er sich nach einem solchen Verhalten gut gefühlt haben kann.

Mit dem zweiten Kapitel beginnt der nächste große Erzählabschnitt.

Michael sieht im Rahmen eines Seminars, das sich mit den Verbrechen der Nazizeit beschäftigt und als Praxisteil die Verfolgung eines Prozesses beinhaltet, Hanna wieder. Sie soll eine von sechs KZ-Aufseherinnen sein, die sich vor Gericht zu verantworten haben. Die Anklage stützt sich auf ein Buch, das eine von zwei Überlebenden aus einem Todeszug von Krakau nach Auschwitz in New York verfasst hat. Auf diesem Todeszug sollen die sechs Aufseherinnen zahlreiche Gefangene in einer Kirche nach einem Bombenangriff haben verbrennen lassen, obwohl sie die Menschen hätten freilassen können, da der Krieg ohnehin schon verloren und vorbei war. Michael verfolgt im Gegensatz zu den anderen Studenten jeden Tag der Verhandlung sehr angespannt und er muss feststellen, dass die Anschuldigungen der Wahrheit entsprechen. Auch fällt Michael immer wieder auf, wie ungeschickt und hilflos sich Hanna gegenüber dem Richter verhält und wie die anderen Angeklagten ihre Hilflosigkeit auszunutzen versuchen. Auch Hanna merkt dies, kann sich jedoch nicht besser helfen und auch ihr Pflichtverteidiger tut im Grunde genommen nichts für sie und es scheint, als habe dieser mehr ein Auge auf seine eigene Karriere als auf Hanna. In dem Buch wird Hannas Situation wie folgt beschrieben: ,,Hanna merkte, dass sie ihrer Sache mit dem, was sie sagte, keinen Dienst erwies. Aber sie konnte nichts anderes sagen. Sie konnte nur versuchen, das, was sie sagte, besser zu sagen, besser zu beschreiben und zu erklären. Aber je mehr sie sagte, desto schlechter sah es um ihre Sache aus.”

So kommt es schließlich, dass Hanna zur Hauptangeklagten wird. Jetzt wird ihr auch noch vorgeworfen, einen nicht der Wahrheit entsprechenden Bericht über die Bombennacht geschrieben zu haben, obwohl sie als Analphabetin gar nicht schreiben kann, was sie jedoch nach allen Regeln der Kunst zu verbergen versucht. Zuerst bestreitet sie, dass sie den Bericht geschrieben habe. Als der Richter jedoch einen Schriftvergleich anordnet, macht sie die falsche Aussage, sie habe den Bericht geschrieben, denn sie möchte ihren Analphabetismus nicht offenbaren.

Zunächst verfolgt Michael den Prozess nur als Zuschauer. Als er jedoch bei einem sonntäglichen Spaziergang hinter Hannas Geheimnis kommt (wie er dies heraus findet, konnte ich dem Roman nicht entnehmen), dass sie gar nicht lesen und schreiben kann, nimmt er plötzlich als Mitwisser an dem Prozess teil. Er könnte dem Richter sagen, dass Hanna Analphabetin ist und sie somit den Bericht gar nicht verfasst haben kann. Jedoch weiß Michael nicht, wie er mit seiner Erkenntnis umgehen soll. Er kann nicht alleine zu einer Entscheidung kommen, da er auch Hanna durch die Preisgabe ihres Geheimnisses nicht in den Rücken fallen will. Michael erkennt: ,,Ich war Zuschauer gewesen und plötzlich Teilnehmer geworden, Mitspieler, Mitentscheider. Ich hatte diese neue Rolle nicht gesucht oder gewählt, aber ich hatte sie, egal, ob ich wollte oder nicht, ob ich etwas tat oder mich völlig passiv verhielt.”

Er gerät so in einen inneren Zwiespalt, da er einerseits Hanna helfen, andererseits aber nicht ihr Geheimnis verraten will. So konfrontiert er seinen Vater mit einer abstrakten Fassung seines Problems und erhofft sich von diesem Hilfe, die dieser ihm aber nicht gewähren kann. Schließlich entscheidet er sich, es dem Richter zu sagen, als er jedoch vor ihm steht, fehlt ihm der Mut, es auszusprechen. Auch traut er sich nicht, mit Hanna in Kontakt zu treten, um mit ihr über eine eventuelle Auflösung ihres Geheimnisses zu reden. Während des Prozesses kommt es nicht einmal zu einem Kontakt zwischen Hanna und Michael. Hanna wirkt hochmütig und ignoriert ihn fast die ganze Zeit. Nur einmal dreht sie sich zu ihm um, nämlich in dem Moment, als in dem Prozess zur Sprache kommt, dass Hanna im KZ abends junge, schwache Mädchen zu sich kommen ließ, die ihr vorlesen sollten, darüber jedoch Stillschweigen bewahren mussten und wenig später mit dem Transport nach Auschwitz in den Tod geschickt wurden. Daraufhin ist Michael verunsichert und er fragt sich, was für eine Rolle er für Hanna gespielt hat, da er ihr ja auch immer vorlesen sollte. Als Hanna auf diese Anschuldigung mit Schweigen reagiert, hofft Michael, dass sie sagt, dass sie die Mädchen nur zu sich hat kommen lassen, um ihnen den letzten Monat zu erleichtern, da sie so schwach waren und sowieso in den Tod geschickt worden wären. Doch Hanna zeigt nicht den Willen, von alleine etwas dazu zu sagen und ihr Verteidiger fragt sie auch nichts was ihr hätte helfen können.

Schließlich wird Hanna zu lebenslanger Haft verurteilt. Hannas Reaktion daraufhin beschreibt Michael, ist ein ,,hochmütiger, verletzter, verlorener und unendlich müder Blick”. Für Michael war die Zeit während des Prozesses, aber auch die Zeit nach dem Prozess, eine Zeit der Erinnerungen und Reflexionen über sein bisheriges Leben und seine Beziehung zu Hanna. Er muss erkennen, dass er eine Verbrecherin geliebt hat, er erkennt aber auch, dass es nicht seine Schuld war, dass sie ihn verlassen hat. Er erkennt, dass sie ihn wahrscheinlich verlassen hat, weil sie aufgrund ihrer grausamen Vergangenheit nicht mehr mit ihm zusammen leben wollte und konnte. Einerseits wollte sie Michael nicht mit ihrer Vergangenheit konfrontieren, andererseits konnte sie dem Menschen, mit dem sie zusammen lebte auch nicht verschweigen, was sie getan hatte. Gleichermaßen verhielt es sich wohl mit ihrem Analphabetismus.

3.Teil

In dem dritten Teil des Romans werden knapp Michaels Lebensdaten nach dem Prozess dargestellt.

Den Sommer verbringt er im Lesesaal der Universitätsbibliothek und er beschäftigt sich mit der NS-Vergangenheit, indem er viel in Büchern darüber liest und das KZ, in dem Hanna Aufseherin war, besucht. Im Winter wird er von Mitstudenten dazu überredet, mit in den Skiurlaub zu fahren, obwohl er seit dem Prozess, wie in gewisser Weise ja auch schon davor, auf Kontakte zu anderen Menschen verzichtet. Während dieses Urlaubs lernt er Gertrud in einer Skihütte kennen. Als Michael wegen einer Erkrankung – infolge einer Skifahrt im T-Shirt – zur Behandlung in die Klinik muss, bleibt diese bei ihm. Zwei Jahre später heiraten die beiden, und sie bekommen eine Tochter, die sie Julia nennen. Trotz dieser scheinbar erfolgreichen Lebens- und Familienplanung kann Michael seine Vergangenheit nicht los werden. Seine Gedanken sind ständig bei seiner Beziehung zu Hanna, und er vergleicht sogar seine Frau Gertrud mit ihr. Er schreibt dazu: ,,Ich habe nie aufhören können, das Zusammensein mit Gertrud mit dem Zusammensein mit Hanna zu vergleichen und immer wieder hielten Gertrud und ich uns im Arm und ich hatte das Gefühl, dass es nicht stimmt, dass sie nicht stimmt, dass sie sich falsch anfasst und anfühlt, dass sie falsch riecht und schmeckt.”

So kommt es nach sechs Jahren zur Scheidung und Michael fühlt sich erneut schuldig, da er seiner Tochter ,,Geborgenheit verweigerte”. Überhaupt hat Michael ständig ein Gefühl der Schuld und der Unausgeglichenheit und er ist unfähig sich auf Dauer an jemanden binden zu können.

Nach seinem Referendariat wird Michael Rechtshistoriker, und er beginnt Kassetten aufzunehmen, auf denen er Hanna vorliest und schickt sie ihr ins Gefängnis. Jedoch sind diese Kassetten ohne jede persönliche Bemerkung. Nach vier Jahren kommt für Michael völlig unerwartet ein kurzer Brief von Hanna. Sie hat sich im Gefängnis die Bücher, die er ihr auf Kassetten vorgelesen hat, besorgt und mit ihrer Hilfe Lesen und Schreiben gelernt. Michael freut sich darüber und ist stolz auf Hanna, jedoch vermeidet er weiterhin den persönlichen Kontakt zu ihr. Er sagt: ,,Das Vorlesen war meine Art zu ihr zu sprechen.” Zwar kann er Hanna nicht aus seinen Gedanken verdrängen, doch fehlt im auch die Souveränität um sich mit ihr durch persönlichen Kontakt auseinander zusetzen.

Eines Tages erhält Michael einen Brief von der Gefängnisdirektorin mit der Bitte, er möge sich nach Hannas Haftentlassung in einem Jahr um sie kümmern, da er die einzige Kontaktperson für sie sei. Auch möge er sie vorher einmal besuchen. Nach langem Zögern willigt er ein, den Besuch im Gefängnis schiebt er jedoch bis eine Woche vor Hannas Entlassung vor sich her.

Als der Besuch dann schließlich doch zustande kommt, verläuft er, sowohl für Hanna als auch für Michael, sehr enttäuschend. Zunächst kann Michael noch Freude in Hannas Gesicht aufglänzen sehen, er merkt jedoch wie diese Freude in ihrem Gesicht langsam erlischt, und die Situation, als Michael Hanna in seine Arme nimmt, beschreibt dieser wie folgt: ,,Ich nahm sie in meine Arme, aber sie fühlte sich nicht richtig an.” Auch vermisst Michael den Geruch Hannas, den er früher so an ihr geliebt hat, und er sagt: ,,Ich saß neben Hanna und roch eine alte Frau.”

Einen Tag vor ihrer Entlassung bringt sich Hanna ohne Angaben von Gründen in einem Abschiedsbrief um. Jedoch hinterlässt sie in ihrem Testament eine Nachricht an Michael. Er soll ihre Ersparnisse in Höhe von 7.000 DM an die eine Überlebende des Todeszuges von Krakau nach Auschwitz, die das Buch schrieb, nach New York überbringen. Diesen Auftrag erfüllt Michael einige Zeit später während einer Dienstreise. Nach einem langen Gespräch mit der Überlebenden über Hanna und Michaels Beziehung zu ihr, fordert diese Michael jedoch auf, dass Geld an eine jüdische Organisation zur Unterstützung von Analphabeten zu spenden, was Michael schließlich auch tut. Etwas später erhält Michael ein mit dem Computer geschriebenes Dankschreiben der Organisation, was er als sehr unpersönlich empfindet, da die Organisation nicht einmal daran interessiert war, von wem das Geld stammt und aus welchen Gründen es gespendet wurde.