Lebensgestaltung aus christlicher Erlösungshoffnung

Die Vergänglichkeit alles Geschöpflichen ist eine der Grunderfahrungen des menschlichen Denkens, Lebens und Handelns. Mit dieser Erfahrung wachsen wir auf, und nach dieser Erfahrung richten wir unser Leben aus. Unsere ganze Lebenseinstellung und unser Lebensgefühl werden von dem Wissen geprägt, dass es ein bestimmter, eingegrenzter Zeitraum ist, in dem wir unser Leben nach unseren Vorstellungen gestalten können. Alles, was jenseits dieses Zeitraums liegt, ist unserer unmittelbaren Erkenntnis entzogen. Zunächst spielt es noch nicht einmal eine Rolle, ob wir ein “Leben nach dem Tod” für realistisch halten oder nicht. Von ausschlaggebender Bedeutung ist zunächst, dass wir um unsere eigene Endlichkeit wissen.
Dieses Wissen um die Vergänglichkeit greift tief in unser Leben ein, daher verschwimmt auch die so oft gezogene “Grenze” zwischen Leben und Tod. Eine klare Grenze zwischen Leben und Tod existiert in Wirklichkeit nicht. Beide Realitäten greifen ineinander über und bestimmen sich gegenseitig. Die Forderung nach bewusster Einbeziehung des Todes in das Leben greift die Erfahrung auf, dass die Vorbereitung auf Sterben und Tod die größte Leistung ist, die der Mensch im Leben zu vollbringen hat.
Wir kennen verschiedene Todesbilder bzw. Todeseinstellungen, die den Tod entweder positiv als Freund oder negativ als ärgsten Feind darstellen.
Eine auch heute noch aktuelle, negative Sichtweise des Todes hat der Philosoph Epikur schon lange vor Beginn unserer Zeitrechnung formuliert:

„Das schauerlichste Übel, der Tod, geht uns nichts an; denn solange wir existieren, ist der Tod nicht da; wenn er aber da ist, so existieren wir nicht mehr.”
Epikur (341-270 v. Chr.) Zitat entnommen aus: Konzepte 3, Materialien für den RU in der Sek. II, Ffm, 1978 S.4

In dieser Aussage wird die ganze Unsicherheit des Menschen in seiner Beziehung zum Tod deutlich. Der Tod wird klar als Feind erkannt, der das Leben raubt. Da der Mensch gegen diese Realität machtlos ist, soll der Tod soweit ignoriert werden, bis er den Menschen zum Schluss sogar überhaupt nichts mehr “angeht”. Diese Abwehrhaltung des vollkommenen Ignorierens setzt aber voraus, dass der Tod das Leben nicht nur etwas angeht, sondern dass er sogar schon tief in dessen Verlauf eingegriffen hat: Die Realität des Todes, des Endes, wertet das irdische Leben dergestalt auf, dass der Mensch aufgerufen ist, es hemmungslos zu lieben, zu genießen und auszunutzen. Hier ist das Motto bestim¬mend: Genieße dein Leben in vollen Zügen, denn morgen bist du tot. Diese radikale Lebens- und Todeseinstellung ist in ihrer Konsequenz ein unmenschlicher Egozentrismus. Wenn jeder Mensch versucht, sein Leben unter allen Umständen in vollen Zügen zu genießen, koste es was es wolle, kann dies nur auf dem Rücken der Schwachen und Hilflosen geschehen.
Es wäre aber unredlich, dieses negative Verhältnis zu den sozialen Verpflichtungen als einzig mögliche Konsequenz dieser Todeseinstellung darzustellen. Der Tod ist das Ende, danach kommt nichts mehr. Dieses Verständnis ist auch Kennzeichen des Humanisten, der sich für die Belange seiner Mitmenschen einsetzt. Durch diese Todessicht kann dem Menschen die Begrenztheit seiner Existenz deutlich werden und die Verpflichtung entsteht, diese Existenz als Gemeinschaft so positiv wie möglich zu gestalten. So kann aus dieser Erkenntnis auch die humane Haltung erwachsen, dieses ( relativ) kurze Leben – es ist ja das einzige – so gerecht und positiv zu gestalten wie eben möglich; nicht nur für den Einzelnen, sondern für die Menschheit als Gemeinschaft.

Andere Konsequenzen hat es für die Menschen, wenn ihre Lebensgestaltung durch ein positives Todesbild geprägt wird.
Zunächst muss ein Missverständnis geklärt werden: In der Jahrhundertelang propagierten, aus dem Zusammenhang gerissenen und falsch umgesetzten “christlichen” Erwartung eines positiven Lebens nach dem Tod gab es in deren Wirkungsgeschichte eine regelrechte Weltflucht: Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit im Diesseits konnten ertragen werden, da im Jenseits, bei Gott, ein besseres und edleres Leben auf die geknechteten und geschlagenen Menschen wartete. Dieses „positive“ Todesbild hatte also ein negatives Weltbild zur Folge. Die Vertröstung auf ein Jenseits stabilisierte somit ungerechte Machtstrukturen, lähmte die Menschen und machte sie teilweise unfähig, christliche Verkündigung auch als Aufruf zur Verbesserung des irdischen Lebens und als Umkehr zur irdischen Gerechtigkeit zu verstehen.
Weder die Konsequenzen, noch die zu Grunde liegende Annahme, dass ein bestimmtes Verhalten Gott beeinflussen könne, ist aber mit dem christlichen Gottesbild zu rechtfertigen.
Richtig verstanden kann und sollte aber dieses positive Todesbild der christlichen Erlösungshoffnung, das eine positive Jenseitsvorstellung beinhaltet, auch eine positive Lebensgestaltung zur Folge haben. Der Mensch hat die sichere Hoffnung, dass seine Existenz nicht vergeblich war, sondern dass seine ganze Persönlichkeit (Person meint: mein ganzes Ich, alles, was mich von der Empfängnis bis zum Tod im Wesen ausmacht) im Tod vollendet wird, d.h. auf ewig in der Gemeinschaft mit Gott bleibt. So ist er aus der endgültigen Vergänglichkeit herausgelöst. Er kann also in diesem Glauben die Welt positiv durchleben und menschlich und solidarisch handeln. Die Erkenntnis seiner eigenen irdischen Endlichkeit führt nicht mehr dazu, dass er aus der Macht der Angst um sich selber leben muss. Diese Angst kann überwunden und bewältigt werden.
Zwischen den hier angeführten Möglichkeiten, wie sich das Todesbild auf die Lebensgestaltung auswirken kann, gibt es noch viele Nuancen: Unbestreitbar ist jedoch die Realität des Todes, die Erkenntnis, dass die irdische Existenz alles Geschöpflichen einmal beendet ist. Mit der Erkenntnis dieser unüberwindbaren Realität ist schon der nächste Schritt vollzogen: Der Tod hat Einfluss auf die Lebensgestaltung des Menschen genommen. Wie gehen wir nun mit diesem lebensbestimmenden und richtungsweisenden Aspekt unseres Lebens, wie gehen wir mit dem Tod um?

In den heutigen Diskussionen über den Umgang mit dem Tod macht das Schlagwort von der “Verdrängung” die Runde. Diese Behauptung ist ebenso unbestreitbar wie unverständlich. Unverständlich ist sie deshalb, weil wir gerade in der heutigen Zeit mit der Realität des Todes täglich konfrontiert werden: Bilder von Krieg und Verwüstung auf dem Bildschirm; Tote zieren die Titelseiten der Illustrierten; kaum ein Krimi ohne eine Leiche u.s.w.
Unbezweifelbar ist die Verdrängung aber insofern, als sich kaum jemand eingesteht, dass der Tod auch etwas mit dem persönlichen Leben zu tun hat. Wenn wir schon fast lustvoll den Tod der anderen konsumieren, wie können wir dabei an den eigenen, persönlichen Tod denken? Wer setzt sich mit der Vorstellung auseinander, dass der Tod vielleicht nicht erst
in Jahren, sondern vielleicht schon in den nächsten Tagen oder im nächsten Moment dem eigenen Leben ein Ende setzt? Hier wird fast perfekte Verdrängungsarbeit geleistet, die in ihrer Konsequenz sogar soweit geht, das Leben als „Abwesenheit des Todes” zu definieren. Tief verwurzelt unter der oberflächlichen Auseinandersetzung mit der Existenz des Todes ist also die unbewusste und daher wahrscheinlich umso stärkere Überzeugtheit der persönlichen Unsterblichkeit. Dieses Phänomen hat die Schweizer Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Roß immer wieder in ihren Gesprächen mit sterbenden Menschen festgestellt und aufgezeichnet. Angesichts des unmittelbar bevorstehenden persönlichen Todes durchläuft der Mensch offenbar noch einmal intensiv alle Stufen der Verdrängung, aller Möglichkeiten der menschlichen Abwehr des Todes, bis er schließlich sein persönliches Schicksal und seinen persönlichen Tod akzeptieren kann. (Frau Kübler-Roß formuliert und erklärt fünf Phasen, die die Sterbenden durchleben, bis sie schließlich den Tod akzeptieren können: Nichtwahrhabenwollen und Isolierung; Zorn; Verhandeln; Depression; Zustimmung) Es ist auch die Unsicherheit der Lebenden im Umgang mit dem Tod, die dem Sterbenden das Hineinfinden in sein persönliches Schicksal erschwert. Kann man einen Sterbenden über seine Situation aufklären? Kann man mit ihm, angesichts seiner Situation, über den Tod sprechen? Diese Fragen sind umstritten und zeigen schon dadurch, wie unsicher wir mit dem Tod umgehen. In diesem Widerstreit der Gefühle wird die ganze Gespaltenheit des Menschen zwischen unleugbarer Existenz des Todes und persönlicher Betroffenheit deutlich. Gerade auch im Umgang mit Kindern fühlen wir uns hilflos, wenn wir mit dem Tod konfrontiert werden. Wie weit kann man gehen, was den Kindern zumuten? Früher war der Tod Gast in den Familien; alle erlebten ihn mit – auch die Kinder.

Diese Unsicherheit resultiert im Wesentlichen aus der noch immer vorherrschenden Einstellung, der Tod gehe das Leben nichts an.
Aus der Einsicht der Verflochtenheit von Leben und Tod und der gegenseitigen Bezogenheit muss man aber erkennen, dass es sich nicht um zwei getrennte Realitäten handelt (Diesseits und Jenseits), die nichts miteinander zu tun haben, sondern um eine, die gesamte Existenz des Menschen betreffende, Einheit. So kann und muss der Mensch den Tod in sein Leben einbeziehen und in diesem Sinn für den Augenblick des persönlichen Todes heranreifen. Wer das Recht auf sein eigenes Leben und das Recht auf seinen eigenen Tod wahrnimmt, der sollte auch die Aufgabe der Auseinandersetzung und des Reifens akzeptieren.
An dieser Stelle wird es nötig, die grundlegenden Begriffe klar zu beschreiben und zu bestimmen. Was ist denn nun eigentlich der “Tod”? Was ist das “Jenseits”?

„Wir unterschieden bereits den Tod als endgültigen Zustand vom Vorgang des Sterbens. Das Sterben aber ist nicht ein definierbarer Augenblick … Der Todesmoment ist unbestimmbar. Der Zeuge des Sterbens … benennt … meist nur den Augenblick, wo eine jener kardinalen Funktionen des Körpers versagt, welche die alten Ärzte die Eintrittspforten des Todes nannten: Die Tätigkeit von Gehirn, Atmung, Herz. Selbst der Stillstand von Herz und Atmung ist aber unter gewissen Umständen   reparabel …“ (Hans Schaefers u.a., Was ist der Tod, S. 19 f., München 1969)
Mit dem Fortschritt der modernen Medizin wurde die ehemals klare Definition des Eintritts des Todes verschwommen: Stillstand der Tätigkeit von Gehirn, Atmung oder Herz können aus medizinischer Sicht nicht mehr eindeutig als Eintritt des Todes definiert werden. Immer wieder können Menschen, die als klinisch tot galten, reanimiert, ins Leben zurückgeholt werden. Eine wissenschaftlich gesicherte, klar umrissene und unumstrittene Definition des Todes gibt es nicht. So wird auch in der Medizin deutlich, dass Leben und Tod nicht strikt voneinander zu trennende, unabhängige Komponenten sind, sondern dass sie ineinander übergehen. Wir wissen, dass mit dem Tod die irdische Existenz irgendwann einmal beendet sein wird. Wir können diesen Zeitpunkt aber weder für den Einzelnen, noch allgemein eindeutig festlegen, sondern müssen akzeptieren, dass der Tod ein Vorgang ist, der langsam vor sich geht.
Mit dieser Veränderung gewinnt der Begriff des “Jenseits” an Gewicht. Was ist denn das “Jenseits”? In unserer Vorstellungswelt drängt sich häufig das Begriffspaar Himmel/Hölle auf. Wenn wir aber zunächst nur über das Wort, den Begriff reflektieren, können wir  schlicht feststellen, dass das Jenseitige nicht das Diesseitige ist. Das Jenseits ist also in erster Linie die Erfahrungswelt, die sich dem Diesseits, der unmittelbaren Erfahrung, entzieht. Es gibt im irdischen Leben vieles, was sich der persönlichen Erfahrung, dem individuellen “Diesseits”, entzieht. Es wird der Erfahrung erst zugänglich, wenn es wahrgenommen werden kann und man sich hineinversetzt. Als Wesensmerkmal kann man feststellen, dass das Jenseits der persönlichen Erfahrung in keinem Fall zugänglich ist (sonst wäre es nicht mehr jenseitig). Wenn wir also von einem “Jenseits” reden müssen wir zugeben, dass sich darüber aus der menschlichen Erfahrung heraus nichts Verbindliches sagen lässt, ja noch nicht einmal verbindliche Andeutungen weitergegeben werden können. Es gibt wohl die bekannten Berichte von wiederbelebten „Toten“ – diese waren wohl klinisch tot (s.o) -, aber sie waren noch in einer bestimmten Weise am Leben, sonst hätten sie ja nicht “wieder – belebt” werden können. Somit können diese Zeugen etwas über den Vorgang des intensiven und bewussten Sterbens aussagen, aber eben nicht über das, was nach dem Leben kommt, über das menschlich Jenseitige. (Nach neueren medizinischen Erkenntnissen sind viele solcher Erlebnisse (Visionen) durchaus zu erklären. Man geht von einer natürlichen Abwehrreaktion des Körpers aus, durch den chemische Prozesse in Gang gesetzt werden, die die beschriebenen Visionen hervorrufen. So ist auch die einheitliche Struktur verschiedener Berichte plausibel. Mehr dazu auf der Seite „Nahtoderlebnisse“ auf dieser Homepage).
Die nicht nur im christlichen Glauben zugesagte Gemeinschaft mit Gott, die über Leben und Tod hinausgeht, setzt ein Leben
jenseits des Diesseits voraus. Insofern ist die Frage nach dem Jenseits eine Frage nach dem Wesen der Religion und berührt deren zentrale Inhalte.
Können wir denn überhaupt etwas über das Jenseits aussagen, wenn die Voraussetzung für die Existenz eines Jenseits ist, dass es dem Diesseits unzugänglich ist? Zunächsteinmal müssen wir feststellen, dass wir konkrete Berichte, bzw. Beschreibungen über Ausgestaltung und Art und Weise des Jenseits nicht machen können, bzw. dass sich solche Aussagen in sich aufheben und widerlegen würden. Wir können also nur vom Diesseits ausgehende, hinweisende Erklärungsversuche über das Jenseits machen.
Unverfänglicher Zeuge einer wissenschaftlichen Analyse ist zunächst einmal nur ein Wissenschaftler selbst. Auf diesen Aspekt und diese Notwendigkeit verweist Hoimar von Dithfurt  in seinen naturwissenschaftlichen Betrachtungen zum Jenseits. (Der ganze Aufsatz steht auf dieser Site unter dem Titel „Das Jenseits“) In seinen Ausführungen räumt er ein, dass die Erklärungsversuche, das System unserer Welt betreffend, auch wissenschaftlich gesehen, offen sind. Es gibt Erkenntnisse, die uns zugänglich sind; andere Erkenntnisse sind uns noch nicht zugänglich. Er verweist auf die Evolution und die beweisbaren Veränderungen, die sich im Laufe der Evolution bis zum heutigen Tage ergeben haben. Im weiteren Verlauf der Menschheitsgeschichte bzw. deren Entwicklung wird es durchaus möglich sein, dass Lebewesen mit weitaus höheren Erkenntnismöglichkeiten in der Lage sein werden, mehr Dinge wahrzunehmen als wir heutzutage. D.h. es gibt Realitäten, die schon heute existieren, aber von uns noch nicht wahrgenommen werden können. Für uns heute sind diese Realitäten jenseitige. Die Reihe der wachsenden Erkenntnismöglichkeit ließe sich ins Unendliche fortführen; es wird immer die Möglichkeit einer jenseitigen, d.h. nicht erfahrbaren Realität geben, auch für solche Gegebenheiten, wie sie sich die Religionen vorstellen.
Die Konsequenz aus den oben ausgeführten Gedanken ist also, dass der Glaube an ein Jenseits, an jenseitige Realitäten, auch an eine wie auch immer geartete Existenz nach dem Tod, nicht gegen die Vernunft verstößt und somit auch in Abgrenzung zu Aberglaube und Magie vertreten werden kann.
In der christlichen Religion hat Tod, Auferweckung und der Glaube an die nie endende Gemeinschaft mit Gott eine zentrale Stellung.
Was aber ist nun im christlichen Sinn die Vorstellung von Auferweckung und Jenseits?
Fragt man auf der Straße nach der christlichen Jenseitsvorstellung, so kann man unter Umständen schnelle Antworten bekommen:

Im Jenseits beginnt das ewige Leben nach dem Tod. Dort herrscht Gott; dieser wird alle Menschen richten. Er unterscheidet zwischen Gut und Böse und wird die Menschen nach ihren Taten im irdischen Leben bewerten: Wer ein gutes Leben geführt hat, wird im Himmel ewige Freude genießen; wer in seinem Leben versagt hat, wird die ewigen Höllenqualen erleiden müssen.

Diese Vorstellung ist über Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg tradiert worden und wird weithin als die geltende christliche Vorstellung angesehen. Man muss zunächst jedoch genau prüfen, was den Aussagen der Bibel und des christlichen Grundverständnisses ent- bzw. widerspricht.
Es ist hier nicht der Platz, die breite Diskussion um Hölle, Teufel, Gericht u.s.w. in ihrer ganzen theologischen Tragweite ausführlich wiederzugeben. (Genaueres zum christlichen Verständnis von Auferweckung auf den Sites „Jesus“ und „Fundamentaltheologie“).
Ich möchte an dieser Stelle nur einige wesentliche Aspekte benennen, die den eigentlichen Glaubenskern christlicher Verkündigung berühren und bei einer Betrachtung des Todes aus christlicher Sicht nicht vernachlässigt werden können.
Als Mitte und grundlegende Glaubenswahrheit der christlichen Erlösungshoffnung sei hier noch einmal auf

die dem Menschen geschenkte Gemeinschaft mit Gott, die Leben und Tod überdauert

hingewiesen, auf eine Gemeinschaft, die unabhängig von den Leistungen des Menschen besteht, die geschenkt, nicht verdient ist und somit auch niemals verloren werden kann. In dieser Gemeinschaft wendet Gott sich dem Menschen mit derselben Liebe zu, mit der er von Ewigkeit her seinem Sohn zugewandt ist. In vielen Superlativen wird Gott beschrieben als der „… eine, .wahre und lebendige Schöpfer, … allmächtig, ewig, unermesslich, unbegreiflich, unendlich in Erkennen und Wollen und jeder Vollkommenheit.“ (I. Vatikanum, Dogmatische Konstitution über den katholischen Glauben, Kap. I DS 3001)

Die Vollkommenheit, die Unermesslichkeit und die Unbegreiflichkeit muss dann aber doch wohl gerade auf das Verhältnis Gott-Mensch zutreffen, da es ja diese Beziehung ist, um die der Mensch ringt und die er versucht zu verstehen. Ist Gott dem Menschen aber in “unermesslicher Vollkommenheit” zugewandt, wie vereinbart sich diese absolute Zugewandtheit (Liebe) mit dem Bild des rächenden und strafenden Gottes, der Menschen auf ewig ins Unglück und in die Qualen schickt? Wenn auch die theoretische Möglichkeit des Getrenntseins von Gott nicht bestritten werden kann – dies kann z.B. im Diesseits durch unmenschliche Handlungen vollzogen sein- so schenkt uns Gott mit seiner unendlichen Liebe (s.o.) die an Sicherheit grenzende Hoffnung, dass kein Mensch in die „ewige Verdammnis“ verstoßen wird.
Geht man kritisch an eine Jenseitsvorstellung heran, nach der Gerechtigkeit nach menschlichen Maßstäben geschaffen werden soll, drängt sich die Frage auf, ob dies nicht eine natürliche Projektion menschlicher Vorstellungen auf Gott hin ist. Machen wir uns nicht ein Bild von Gott als Übermenschen, der Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, Gutes und Böses mit unseren Augen sieht und nach menschlichen Vorstellungen urteilt? Ließen sich dann nicht in diesem Bereich auch magische Grundstrukturen im Christentum aufzeigen: Wir könnten Gott beeinflussen, indem wir uns mit guten Werken einen Platz im Himmel „erkaufen“? Diese Vorstellung widerspricht aber eindeutig der Unfassbarkeit und Unermesslichkeit Gottes, die Grundlage des christlichen Gottesverständnisses ist      (s.o.).
Eine weitere grundlegende Frage ist, ob ich jemanden wirklich lieben kann, vor dem ich im Grunde tiefste Angst haben müsste, da er ja die Möglichkeit hat, mich auf Ewigkeit in unendlichen Qualen zu belassen. Gott wird in der Bibel und der christlichen Tradition als der dargestellt, der sich liebend und verzeihend den Menschen zugewandt hat und den die Menschen, haben sie ihn erkannt, nur noch lieben können. Die Zugewandtheit Gottes kann nur durch eine Zugewandtheit des Menschen beantwortet werden, die nicht aus Angst vor einer etwaigen Strafe erwächst, sondern aus dem Begreifen der unermesslichen Geborgenheit des Menschen in Gott. Wenn wir, ausgehend von Jenseits machen wollen, die sich auf christliche Glaubenszeugnisse berufen will, können wir nicht nur einfach unsere diesseitigen Erfahrungen auf ein Jenseits, ins Unendliche vergrößert, projizieren.

Christliche Zeugnisse verweisen uns auf ein „ewiges Leben“ jenseits des Irdischen, in dem wir uns der Geborgenheit in Gott gewiss sein können (vgl. Röm 8,38 f.; 11,32; 1 Tim. 2,4; Röm 5,18; 11; 1 Kor. 15,20-28; Eph. 1,101 Phil. 2,10 f.; Kol. 1,19 f.; 1 Joh. 2,2)

Die Ausgangsthese war, dass es eine Wechselwirkung zwischen der Jenseitsvorstellung, dem Todesbild, und der Lebensgestaltung gibt. Wie wirkt sich denn nun diese positive christliche Jenseitsvorstellung auf das irdische Leben aus?
Zusammenfassend kann man zunächst feststellen: Dem Menschen ist eine Leben und Tod überdauernde Gemeinschaft mit Gott geschenkt. Diese Gemeinschaft kann sich der Mensch durch nichts verdienen oder erzwingen; sie kann ihm nur geschenkt werden. Durch diese Geborgenheit in Gott haben aber irdische Zwänge nicht mehr das letzte Wort über die Entscheidungen und Handlungen des Menschen. Der Mensch ist in diesem Sinne frei und nicht mehr erpressbar.
Betrachtet man nun das konsequente irdische Leben Jesu, so lässt sich der Zusage Gottes eine Aufforderung anschließen: In der neu geschenkten Freiheit und Sicherheit sind die Menschen zu einem konsequenten Eintreten für Menschlichkeit und Gerechtigkeit aufgerufen. Die so verstandene christliche Todes- bzw. Lebenseinstellung hat immer wieder zu entschiedenem Eintreten für die menschlichen Grundwerte und Rechte geführt: Jesus wäre gescheitert und seine Botschaft hätte sich als nichtig erwiesen, wenn die Todesdrohung ihn davon abgebracht hätte, zu seinen Freunden und seiner Botschaft zu stehen. Sich freiwillig in Wehrlosigkeit begeben kann nur, wer sich seiner Geborgenheit in Gott gewiss ist.
Wie oben ausgeführt, geht es im christlichen Glauben um konkrete Aussagen und Zusagen den Tod betreffend. Das zentrale Ereignis ist in der Auferweckung des Jesus von Nazareth zu sehen und verweist somit auf eben diese Auseinandersetzung um Leben und Tod. Man kann auf dem Hintergrund unserer Erfahrungsmöglichkeiten unwiderlegbar feststellen, dass es eine begründete Hoffnung gibt, dass die Gemeinschaft des Menschen mit Gott auch durch den Tod nicht vernichtet werden kann.
Der christliche Glaube verweist auf die Geborgenheit in Gott und löst den Menschen, der diese Botschaft ernst nimmt, aus dem Gefängnis der irdischen Vergänglichkeit heraus. Dadurch wird der Mensch dazu frei, ohne dass die Angst um sich selbst letztendlich bestimmend ist, sich für die Mitmenschen und gegen Ungerechtigkeit zu engagieren. Er kann sich für eine Welt einsetzen, in der Humanität und Mitmenschlichkeit herrschen und kann versuchen, die Botschaft des „von Gott geliebt sein“, in Wort und Tat umzusetzen. In diesem Sinn ist christliche Auferweckungshoffnung eine Existenzhilfe, die zur positiven Lebensgestaltung beiträgt. So muss der christliche Glaube als Lebensbejahend verstanden werden. In seiner Konsequenz der positiven Veränderung der diesseitigen Zustände kann er durchaus auch von Nichtchristen akzeptiert werden.